Heute betrachten wir mal einen der großen Nachteile der modernen Arbeitswelten, die wir gerade schaffen: die immer mehr zurückgehende direkte und zweckungebundene Kommunikation, für die ganz exemplarisch die Raucherecke steht – bzw. stand.

In die Zeiten, als in den Büros noch wirklich gequalmt wurde, möchte wohl niemand zurück. Der eine oder andere wird sich auch noch an die Cognac-Schwenker in den Chefbüros erinnern. Das Alles hatte zwar eine gewisse herrliche Dekadenz, passt aber nicht mehr wirklich in die Zeit und in die Anforderungen des betrieblichen Gesundheitsschutzes.

Kommunikativ gesehen hat das Rauchen im Büro an sich auch wirklich keinen Mehrwert – die kommunikative Allroundwaffe wurde erst mit der Verbannung der Raucher in die Raucherecke daraus. Denn auf einmal stand man in zufällig zusammengewürfelten Gruppen für eine begrenzte Zeit zusammen und hat neben dem eigentlichen Rauchen diverse nützliche Dinge getan:

  • Abstimmungen und Entscheidungen
    Einer der häufigsten Begrüßungssätze in der Raucherecke war: „Schön dass ich Dich hier treffe, ich wollte uns eh einen Termin einstellen für … / ich wollte eh mit Dir sprechen über…“. Und dann wurde in 5-15 Minuten alles relevante in hinreichender praktischer Tiefe (hat ja keiner irgendwas dabei, weil man auch nie weiß, wen man trifft) besprochen und anstehende Entscheidung wurden getroffen. Alles, was heute so modern ist, hatte man eigentlich schon: agil, timeboxed, stand up, kein Information-Overkill sondern Fokus auf das Wesentliche, people over process, …Klar, man weiß natürlich nicht, wen man trifft. Aber bei 3 Raucherpausen an 5 Tagen die Woche kann man immer locker 15 Entscheidungen vom Tisch bekommen, für die es sonst diverse Mails, Meetings und Wasweißichnochalles braucht.
  • Ebenenübergreifende Kommunikation
    In der Raucherecke standen von Azubi bis Chef immer alle egalitär zusammen. Man plauderte, lernte sich kennen, baute Netzwerke auf, schnorrte Zigaretten und manchmal hat man erst hinterher erfahren, dass es „Big Boss“ persönlich war, dem man eben ganz entspannt die persönliche Theorie über die Unternehmensentwicklung auseinandergesetzt hatte.  Und „Big Boss“ hätte das niemals negativ gegen irgendwen verwendet, denn das hätte bedeutet, dass er zukünftig seine Raucherpausen alleine hätte verbringen müssen.
  • Klatsch und Tratsch
    Offiziell unbeliebt. Aber der Schmierstoff einer brauchbaren Unternehmenskultur. ´Nough said.

Und heute? Sind wir gesundheitsbewusst und die Raucherecke ist weitgehend abgeschafft. Und brauchbarer Ersatz ist nicht wirklich in Sicht. Die Smoothie-Bar dient dem Austausch über gesundes Essen. An der Kaffeemaschine wird jede Unterhaltung durch das Rappeln und Schreddern und Fauchen der Vollautomaten erstickt. Und einfach so auf dem Flur rumstehen tut auch niemand gerne.

Die ganze Sache wird nicht einfacher dadurch, dass wir räumlich und zeitlich entzerrt arbeiten und überhaupt immer weniger Möglichkeiten haben, uns wirklich zu treffen. Auch unsere technischen Möglichkeiten helfen nicht wirklich – wenn ich Skype- oder Teams-Meetings einstelle mit dem Topic „Einfach mal so“ sagen fast alle ab und die zufällige Zusammensetzung des Raucherecken-Teams bekommt man damit auch nicht hin.

Was also tun? Ganz ehrlich: ich habe keine Ahnung. Einfach drauf verzichten ist eine Lösung und für Abstimmungen, Enscheidungen, ebenenübergreifende Kommunikation und Klatsch und Tratsch müssen wir andere Mechanismen entwickeln. Aber irgendwie ist mein Gefühl, dass es nicht das Gleiche ist. Doch wieder mehr Rauchen? Sozusagen im Unternehmensinteresse? Nicht wirklich.

Ich habe keine Lösung. Aber vielleicht gibt es ja andere, denen es ähnlich geht und die gute Ideen haben? Dann immer her damit – eine Diskussion ist es immer wert.